Solanin in Kartoffel: Giftig? Natürlich? Sogar gut?

Immer wieder werden wir gefragt, ob grüne oder angekeimte Kartoffeln giftig sind? Darum tauschen wir auch ständig unsere Erfahrungen als Bauer und Koch aus. Hier lassen wir Sie nun daran teilhaben – in einem Dialog, der viele unserer Gespräche zusammenfasst.

(Damit kein Missverständnis entsteht, wir möchten euch nicht dazu auffordern, grüne Kartoffeln zu essen!)

 

Inwiefern ist Solanin bei den Kartoffeln für dich ein Thema?

Marcel: Die Glykoalkaloide (Solanin ist der bekannteste Vertreter) sind ein natürlicher Bestandteil von Nachtschattengewächsen wie Kartoffeln und Tomaten. Das Licht ist für uns beim Anbau von Kartoffeln im Frühling ein wichtiger Helfer, wenn wir mit dem Vorkeimen der Kartoffeln beginnen. Durch das Licht vermehrt sich in den Knollen das Solanin, die Keime werden kurz und fest und brechen somit beim Stecken nicht ab. Im Anbau hat das Solanin für uns viele Vorteile: Das Solanin stellt einen natürlichen Schutz vor Frassfeinden und Krankheitserregern dar und hemmt das Wachstum von Bakterien und Schimmelpilzen. Zudem verkürzt sich durch das Vorkeimen die Vegetationszeit um 2-3 Wochen. Für uns ist es jedes Jahr ein kleines Wunder, die täglich wachsenden Keime der verschiedenen Sorten zu beobachten.

 

Und was bedeutet das Solanin für dich in der Küche?

Freddy: Was du sagst ist sehr interessant, Marcel. Die guten Eigenschaften von Solanin im Anbau waren mir so gar nicht bewusst. In der Küche ist es natürlich ein wenig anders, grüne Kartoffeln sind definitiv kein Genuss! Es passiert schnell mal, dass Kartoffeln durch die Lichtexposition grün werden. Das kennt man leider auch aus den Läden, wenn die Kartoffeln dort etwas zu lange gelagert werden. Manche Sorten werden übrigens etwas schneller grün. Kartoffeln sollten darum immer dunkel und kühl gelagert werden.

 

Vorgekeimte Frühe Prättigauer

Weißt du, warum der Solaningehalt sortenbedingt unterschiedlich ist?

Marcel: Der Solaningehalt wird z.B. auch von feuchtem und kühlem Wetter beeinflusst. Zudem weiss man, dass alte Sorten einen natürlich höheren Gehalt haben als neu gezüchtete Kartoffelsorten. Ein gewisser natürlicher Solaningehalt trägt gleichzeitig aber auch zum typischen Kartoffelgeschmack bei.

 

Auf was achtest du dann beim Kochen?

Freddy: Grüne Stellen und «Augen» entferne ich grosszügig und das Kochwasser schütte ich weg. Kartoffeln mit grossflächigen oder mehreren grünen Stellen kommen bei mir nicht mehr in den Kochtopf, ebenso angetrocknete und stark angekeimte Kartoffeln. Kurze Keime bis ca. 1 cm breche ich jedoch ab, die Keime sind natürlich nicht geniessbar, in Ihnen lagert die Kartoffel beim Keimprozess das Solanin ab.

 

Kann den Solanin giftig sein?

Freddy: Jetzt muss ich dir kurz sehr fachlich antworten, Marcel. Laut der WHO (Weltgesundheitsorganisation) und der DGE (Deutschen Gesellschaft für Ernährung) gelten Konzentrationen von weniger als 200 mg pro Kilogramm Frischmasse Kartoffeln als unbedenklich. Bei einem Erwachsenen können 2 bis 5 mg Kartoffel-Alkaloide pro kg Körpergewicht akute Beschwerden wie Verdauungsstörungen oder Magen-Darm-Beschwerden auslösen.
Das heisst: Wenn man etwa 500 bis 1000 g Kartoffeln mit einem sehr hohen Solaningehalt essen würde. Der Solaninwert würde die Kartoffeln jedoch sehr bitter machen, dass es sicher nicht möglich wäre, diese Menge mit Genuss zu essen

Überrascht hat mich übrigens noch, dass eine sehr niedrige Konzentration an Glykoalkaloiden sogar gesundheitsfördernde Eigenschaften haben kann.
Bezüglich der Vorteile im Anbau hattest du es schon erzählt, aber auch für uns Menschen gibt es erste wissenschaftliche Erkenntnisse zu positiven Wirkungen, die aber noch weiter erforscht werden müssen.

 

Und wie geht es nach dem Vorkeimen weiter?

Das findet Ihr im nächsten Beitrag hier.

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